Frisch vom Analogvirus befallen, haben Chris und ich gestern unsere Boxen ausgeführt. Beim letzten Ausflug hatte meine Brownie schon nach dem ersten Bild den Transport verweigert. Ein bisschen Gefummel im Wechselsack und eine Opfergabe an die Boxen-Göttin (drei Bilder), machen den Drehknopf für den Filmtransport aber wieder einigermaßen willig.
Später – nach dem Entladen – sehen wir , dass die Spulen des 120er Rollfilm einen Tick zu breit für die Brownie sind. Die Filmkante hat an einigen Stellen unschöne Dellen bekommen. Gott sei Dank habe ich noch zwei Original 620er Spulen und so werde ich mir demnächst auch noch das Umspulen von 120er auf 620er Spulen beibringen. (Wieder was dazu gelernt, Lektion 1)
Vor dem Entladen kommt aber der dem Silvester-Menü vorgelagerte aperitive Spaziergang auf dem wir unsere Neuerwerbungen Gassi führen. Mir bleiben jetzt noch genau 5 Bilder übrig, um Fotobeute nach Hause zu tragen.
Die Box ist ein Leichtgewicht, was sich für mich ungewohnt anfühlt. Normalerweise bin ich mit einigen Kilo Spiegelreflexequipment unterwegs – selbst, wenn ich nur Body und Lieblingslinse mitnehme. Der fehlende Zoom führt zu schlammigen Schuhen, denn wenn es im Sucher noch nicht gescheit aussieht, muss ich halt in den Straßengraben oder ins Feld stiefeln. Wenigstens das wundert mich nicht, meine Festbrennweiten sind mir auch im digitalen Leben lieb und teuer.
Das Wetter ist grau und matschig und der Tag ist auch um drei Uhr nachmittags nicht wirklich hell. Der Spaziergang führt uns über die Felder nahe Horb am Neckar – richtig spannende Motive sind nicht zu erwarten. Auf der Liste stehen genau eine alte Scheune, und zwei bis drei Baumgruppen. Der Rest ist Industriegebiet und Silo-Landschaft. Bitte sehr: das ist’s was heraus kam.


Auch beim Entladen gibt sich die Brownie verklemmt. Der Filmspulknopf will weder vor noch zurück, noch raus. Also ab mit der Kamera in den Wechselsack und fröhlich herumgefummelt. Mir will sie nicht gehorchen und ich habe Angst davor, an irgendeiner Stelle zuviel Kraft einzusetzen. Also muss Chris ran … er überredet das störrische Gerät und befreit den Film. Tja .. das Ding ist ganz klar weiblich. (Wieder was dazu gelernt, Lektion 2)
Immerhin, das Einspulen des Films in die Spule fluppt auf Anhieb – und das nach gefühlten Äonen Spulen-Abstinenz. Ich bin erleichtert und doch nicht so eine Grobmotorikerin wie befürchtet. (Wieder was dazu gelernt, Lektion 3)
Nach einem Blick in die Datenblätter von Film und Entwickler sowie einem kurzen Telefonat mit den Spürsinnlern wurde der geladene Rollei R3 ein paar Minuten vorgewässert und in einer Standentwicklung (1+25, 40 Minuten, 20°C, ab und zu mal anschubsen) entwickelt und ilfordmäßig vergewässert. Ein erster Blick auf die Negative und ich bin noch mal erleichtert. Sieht aus als wäre Zeichnung in den Lichtern UND in den Tiefen. Dat Glück is mit die Dummen. Sagte schon meine Oma. Trocknen lassen, zwischendurch Reste-Risotto futtern, dann ist es Zeit zu scannen und anschließend gespannt über Photoshop zu brüten. So ein bisschen kommt bei mir Goldgräberstimmung auf. Doch gar nicht sooo schlecht das Ergebnis.
Einer Digital-Tante wie mir stellt sich beim Anblick der Bilder natürlich die Frage: wieviel kann/darf ich daran optimieren, bevor der analoge Charakter oder das so angenehm unperfekte Erscheinungsbild der Box-Aufnahmen verloren geht? Im ersten Schritt habe ich es mal bei globalen Tonwert- sowie Kontrastbearbeitungen sowie ein bisschen partiellem Nachbelichten belassen. Ich muss mich erst herantasten und ein Gefühl für das Material entwickeln.
Tja … und von was die (seltsam periodisch auftretenden) elliptischen dunklen Flecken bedeuten, die über jedes meiner Negative tanzen, weiß ich noch nicht. Irgendwas habe ich wohl doch falsch gemacht. Sei’s drum. Ich freue mich schon auf den nächsten Streifzug mit den alten Schätzchen.
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