Eine Reise zu ISO 1600

Auf der letzten Fotobörse in Darmstadt habe ich mir einen Wunsch erfüllt und meinen Gerätepark um eine Pentax 67 erweitert. Eine Kamera, die für ihren brachialen Spiegelschlag berühmt berüchtigt ist und von der im Netz gerne behauptet wird, man könne mit ihr – vor allem Indoors – nicht aus der Hand arbeiten.

Für Neujahr hatten wir (meint Chris & ich) uns eine Fotopirsch vorgenommen, um das Jahr gleich gebührend einzuläuten. Aufgrund der Wetterlage kam aber nur ein überdachter Streifzug in Frage, weshalb es uns (mal wieder) nach Wolfsburg in die Autostadt verschlug.

Für mich war hiermit klar: ISO muss her. Und zwar tüchtig. Meine Wahl fiel auf den Tri-X 400, weil ich im Netz recherchiert hatte, dass der sich recht gut pushen lässt. Gängig sind laut diverser Fotoforen und Flickr Push-Entwicklungen auf ISO 1600 oder gar 3200 (einige “Extremisten” treiben es durchaus noch weiter, ob das sinnvoll ist, sei mal dahin gestellt). Allerdings hieß es immer, wenn keine Details in den Schatten verloren gehen sollen, bediene man sich Entwickler wie D-76 oder Rollei RHS und lasse die Finger UNBEDINGT von Rodinal. Wer Fotoforen kennt, weiß mit welchem Absolutheitsanspruch solche Weisheiten gerne verkündet werden.

Dumm für mich. Ich hatte weder D-76 oder Rollei RHS sondern NUR Rodinal. Nun bin ich aber stur. Ich wollte mein neues Baby unbedingt einmal ausführen. Bei schlechtem Licht. Drinnen.

Also musste ein gescheites Rezept für eine Push-Entwicklung für Rodinal her. Die Ergebnisse nach den Rezepten aus dem Massive Dev Chart überzeugten mich nicht, wohl aber die eines Herrn auf Flickr, der den Tri-X mit einer Standentwicklung in Rodinal (20°, 1+100, 2 Stunden) auf ISO 1600 gebracht hat. Ein guter Ausgangspunkt. Gut genug,  um die Fotopirsch erstmal wie geplant anzugehen.

Die Ergebnisse Teil 1

Wieder zuhause angekommen, hatte ich drei belichtete Filme in der Tasche. Der erste wanderte durch die Standentwicklung wie beschrieben – die ersten 30 Sekunden kontinuierlich bewegt, danach jede halbe Stunde einmal angestubst.

Die Negative kamen sehr kontrastig – allerdings waren auch die Motive in eher extremen Lichtsituationen aufgenommen.

  • draußen im Schnee, vor einem grau-weißen Himmel
  • in einem Raum mit einer Installation rund um einen versilberten Bugatti Veyron … der Raum ist reiner Kontrast. Es gibt wenig Tonwerte zwischen schwarz und grell weiß

Die Bilder wurden ohne Tonwertkorrektur gescannt. Das eine Bild (Auto) wurde in Lightroom geringfügig (nur in den Tiefen) nach unten korrigiert, das helle Bild  in den Lichtern partiell leicht nach oben korrigiert. (Klick macht groß)

Der Unfall

Wenn zwei Leute in einer Küche Filme in einer Standentwicklung panschen und die Entwicklerdosen Zwillinge sind, kommt es früher oder später zu Verwechslungen mit Folgen. So gestern.

Der Wecker bimmelt, Chris zieht los, um seinen Film zu stoppen und zu fixieren und greift daneben. Statt seinen Efke aus der Standentwicklung zu ziehen, wurde mein zweiter Tri-X nach 30 Minuten aus seinem Entwicklerbad befreit. Das Ergebnis war dünn … aber bei weitem nicht so dünn wie erwartet. Zwar musste die Belichtung am Scanner und in Lightroom deutlich korrigiert werden – aber das Ergebnis ist zumindest zu Anschauungszwecken brauchbar. Plus: es lieferte mir einen deutlichen Hinweis darauf, dass ich die Zeit für die Entwicklung von Film Nummer drei wohl deutlich würde verkürzen können.

Hier ein Beispielbild vom Malheur-Film, man sieht, dass das Korn in der unteren Bildhälfte recht unschön wird. (Klick macht groß)

Die Ergebnisse Teil 2

Nach diesem Unfall war ich zwar deutlich gefrustet, und der Abend schon weit fortgeschritten – aber da ich für heute was zu scannen brauchte, wanderte auch noch Film Nr. 3 in die Chemie. Alles wie gehabt, diesmal aber mit einer Entwicklungsdauer von 1,5 statt 2 Stunden. Und voila …  (Klick macht groß, beide Bilder sind vollständig unkorrigiert).

Das Korn ist wunderbar fein und die Negative sind prima durchzeichnet.

Versuch mach kluch!
Es lohnt sich immer mit Belichtung, Filmen und Entwicklungsoptionen zu experimentieren – ganz gleich, wie die landläufige (“Experten”-) Meinung dazu lautet. Vielleicht geht es ja doch – oder es kommt ein Ergebnis dabei heraus, dass ich in anderem Zusammenhang noch einmal einsetzen kann.

Fehler machen lohnt sich.
Wenn man daraus lernt. Ohne Chris’ Dosen-Faux-Pas wäre ich möglicherweise nicht auf die Idee gekommen, die Entwicklungszeit für die Standentwicklung zu verkürzen. Genau dieser Schritt hat aber die Ergebnisse optimiert.

Und das in Rodinal.

P.S. Chris hat dazu ebenfalls einen Artikel auf sein Blog gestellt – wie immer in Englisch. Hier gibt’s mehr zum Thema Push, diesmal für den Ilford HP5 plus und den Efke R100.

Monika Andrae

monika.andrae@gmail.com
17 Comments
  • christof

    02/01/2011 at 15:54

    Ha, da hatte der Fehler von Chris ja doch was richtig gutes! 🙂 Schöne Aufnahmen! Ich glaub ich muss mir irgendwann mal die alten Nikons meines Vaters mopsen… Ich krieg langsam Bock auf ein wenig Analog… Back to the roots sozusagen 🙂

  • derbaum

    02/01/2011 at 16:10

    das macht mir auch lust – auf wieder mehr! analog fotografieren hab ich vor einem jahr wieder angefangen – so langsam sollte ich auch die dunkelkammer wieder ausmotten…

    danke für die bilder und den erlebnisbericht!

  • boris

    02/01/2011 at 16:13

    Der Hammer muss ich sagen. Ich hätte gerade mit Rodinal deutlich mehr Korn, insbesondere bei ISO 1600, erwartet. Hast Du das komplett freihand gemacht – dann Respekt Gold!

  • Monika

    02/01/2011 at 16:59

    Danke Dir 🙂
    Alle Bilder sind aus der Hand und ohne Spiegel-Vorauslösung geschossen. Im Nachhinein finde ich das ziemlich riskant … aber was solls.

  • Urban Hafner

    02/01/2011 at 18:06

    So eine Pentax 67 steht bei mir auch auf der Liste von Kameras die ich irgendwann mal zumindest in der Hand halten möchte. Eigentlich weiss ich ja, dass schwere Kameras nichts für mich sind (meine Fujica GW690 habe ich schon wieder verkauft und die war sicherlich um einiges leichter), aber mit Vernunft hat Kameras kaufen ja nicht viel zu tun 😉 Hoffen wir mal, dass Adox wirklich den Pan 400 in 110 raus bringt, sonst ist meine nächste Kamera (eine Pentax Auto 110) nicht so sinnvoll. Aber dann sieht sie zumindest toll aus.

  • franker69

    02/01/2011 at 21:03

    WOW !
    Mal unabhängig von dem Chemie-Zeugs, es sind sehr tolle Aufnahmen bei eurer Tour entstanden. Vor allem ein Beweis was mit Schwarz-Weiß für ein Ausdruck möglich ist. In Farbe würden diese Bilder für mich schlicht nicht so funktionieren.
    Ich bin begeistert. Danke!

  • Thorsten

    02/01/2011 at 22:43

    Hallo Monika,

    vielen Dank für Deinen Beitrag. Ein Kollege hatte mir auch schon vor längerer Zeit berichtet, dass er total angetan vom Tri-X im Rodinal ist. Nachdem ich jetzt gerade Deine Bilder gesehen habe ist der Online-Händler meines Vertrauens ein paar Euro reicher und ich hab hoffentlich zur Mitte der Woche ein paar neue Filmchen liegen.

    Das kleine Missgeschick von Chris ist ja wirklich ein Ding. Die Entwicklungszeit von 2h auf 30Minuten zu verkürzen wird sicherlich noch heute mit Wassersuppe bestraft, oder? Aber auch hier sind die Ergebnisse wirklich überraschend.

    Also, vielen Dank für Deinen Beitrag!

  • ralf_b

    11/01/2011 at 17:00

    Hab’s probiert und bin total begeistert. Auch der Universal 200 der mir bislang nicht so gut
    gefallen hat kommt mit der gleichen Methode bei 1600 ASA richtig klasse.

    Könnte meine Standardmethode werden !

    Danke für den Tipp.

  • Pingback:Nice Bugatti photos | Bugatti Car Images

    17/10/2011 at 17:21
  • Pingback:bugatti veyron | Car pictures collection

    16/09/2012 at 23:49
  • Pingback:fin - Som2ny Network

    14/08/2018 at 22:12
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